Wie Homöopathie in der Tierarztpraxis funktioniert, beschreibt hier die Tierärztin Dr. vet. med. Dörte von Bremen.

Nach dem Sommerurlaub kommt eine Mutter samt Teenie-Tochter und vier Meerschweinchen etwas verzweifelt in die Praxis. Toffee, schwarz-weiß und männlich kastriert, Blümchen, weiblich mit schwarzen Augenflecken und Coco, das schwarz-weiße Rosetten-Meerschweinchen haben kahle, juckende Stellen. Nur Flöckchen, dreifarbig, weiblich ist bislang verschont. Die Stellen haben sich bei allen im Gesicht ausgebreitet und deshalb wurden sie vor zwei Wochen in der benachbarten Tierklinik vorgestellt.

Nach Begutachtung der Stellen wurde zur Diagnose ein Abstrich gemacht und bis zum Ergebnis erst einmal lokal mit Surolan (Kombipräparat für Otitis externa und Dermatitiden mit Miconazol, Polymyxin B und Prednisolon) gegen den Juckreiz behandelt. Bei der Folgeuntersuchung eine Woche später steht fest, dass es sich um einen Hautpilz (Trichophyton sp.) handelt. Der Juckreiz ist durch das Prednisolon verschwunden. Daraufhin soll täglich allen vier Tieren über 10 Tage hinweg oral eine Antimykotikum-Suspension per Spritze eingegeben werden und alle täglich mit einem Spezialshampoo gegen Pilze gebadet werden. Diese Behandlung hat die Besitzerin jetzt fünf  Tage durchgeführt. Die kahlen Stellen sind bei allen drei Meerschweinchen größer geworden, das vierte hat seit kurzem auch die ersten entwickelt. Zusätzlich sind Mutter und Tochter mit der täglichen Behandlung und Medikamenteneingabe überfordert und gestresst.
Die Tiere sind unruhig und haben struppig verklebtes Fell. Sämtliche kahlen Hautstellen im Gesicht sind gerötet und haben weißliche, leicht erhabene Krusten. Bei Toffee hat es sich inzwischen vom linken Nasenloch bis zum medialen Augenwinkel ausgebreitet. Vor der Surolan® Applikation hatte er sich die Stelle gekratzt bis es blutete.

Meine Befragung zu Toffees Verhalten und Charakter ergibt, dass er „zackiger als die Weibchen“ ist, er erscheint sofort, wenn jemand an den Stall kommt oder es Futter gibt. Manchmal zickt er rum, beißt auch, wenn ihm etwas nicht passt und wirkt dann zornig. Die drei weiblichen Tiere werden als ruhig, unauffällig, genügsam beschrieben, individuelle Unterschiede können nicht wirklich herausgearbeitet werden.
Bei keinem der Tiere können irgendwelche Modalitäten festgestellt werden. Weil Toffee am stärkten betroffen ist, benutze ich seine gezeigten
Symptome und Verhaltensweisen zur Repertorisation.

In diesem Fall verwende ich zuerst Rudolf Deiser´s Symptomenverzeichnis der homöopathischen Tiermedizin, um die spärlichen Symptome auf wenige Mittel einzugrenzen und dann im Anschluss zur Überprüfung das RADAR-System (Software).
Der Bock bekommt Lycopodium C 30, das erste Mal direkt auf dem Behandlungstisch ins Maul und ab dem nächsten Tag 2 x täglich 3 Globuli über 4 Tage. Da die beiden Weibchen die gleichen Hautsymptome zeigen, aber in ihrem Verhalten sehr sanft sind, bekommen sie Silicea C 30, direkt 3 Globuli eingegeben und dann für 4 Tage 1 x täglich. Zusätzlich bekommen alle 4 Tiere täglich Sobamin® als Futterzusatz, um mit den enthaltenen Huminsäuren eine Immunmodulation zu unterstützen. Um die lokale Hautflora zu stabilisieren und den pH-Wert wiederherzustellen, sollen die Kahlstellen täglich mit reinem Obstessig betupft werden, wenn es für die Tiere keinen Stress darstellt.

Die Besitzerin meldet sich 8 Tage später und schickt Fotos von allen Tieren. Bei Toffee wachsen die Haare bereits gut nach, die Haut hat wieder ihre normale, leicht rosa Farbe, weiße Krusten sind keine mehr vorhanden. Bei Flöckchen und Coco haben sich die Stellen auch deutlich verbessert und das Fell fängt an zu sprießen. Nur bei Blümchen zeigt sich keine Verbesserung, die Stelle fast mittig auf dem Nasenrücken ist jetzt komplett kahl, aber kaum größer als vorher. Auf Nachfragen erzählt die Tierhalterin, dass dieses Weibchen auffallend oft in der prallen Sonne sitzt, während die anderen sich im Schatten aufhalten. Sie bekommt jetzt für 4 Tage Ars.alb C 30 1 x täglich 3 Globuli. Nach 3 Wochen meldet sich die Tierbesitzerin und berichtet, dass inzwischen Haut und Fell bei allen Tieren wieder komplett nachgewachsen ist.

Meerschweinchen reagieren allgemein sehr gut auf Homöopathie, wegen des Mangels an verwertbaren Symptomen ist es oftmals nur
schwierig das passende Mittel zu finden.