Ist das nun das Sommerloch oder doch eher die Weiterführung einer Agenda der Skeptizisten, die Homöopathie ein für alle Male aus dem Gesundheitswesen der BRD zu werfen möchten? Homöopathie sei „nachweislich wissenschaftlich nicht wirksam“ meint FDP-Vize Vogel, und gehöre deshalb als Kassenleistung abgeschafft. Zwei Tage später liefert die Ex-Homöopathin Grams-Nobmann den erweiterten Argumentationsrahmen in einem Netzwerk der GRÜNEN. Klingt irgendwie nach konzertierter Aktion. Was aber sind die Fakten?

Seit Jahren gilt der sogenannte Australische Bericht des NHMRC, der australischen Gesundheitsbehörde, als Beweis dafür, dass Homöopathie keine klinische Wirksamkeit habe. Dieser Bericht hatte schwerwiegende verfahrenstechnische und wissenschaftliche Fehler und muss sich unter Anderem dem Vorwurf stellen, willkürlich gewählte Regeln bei der Auswahl der untersuchten Studien angewandt zu haben. Deshalb sah sich die Direktorin des NHMRC, Prof. Kelso 2019 zu der Richtigstellung veranlasst: „Entgegen einiger Behauptungen kam der Bericht nicht zu dem Schluss, dass Homöopathie ineffektiv ist“. Dennoch folgten und folgen Medien und Politik bis zum heutigen Tag den Aussagen des manipulierten Berichtes, die Korrektur von Prof. Kelso blieb weitgehend unberücksichtigt.

Auf Basis dieses fehlerhaften und damit wissenschaftlich nicht relevanten Berichtes hält sich die stereotyp wiederholte Aussage, Homöopathie wirke nicht über den Placebo-Effekt hinaus. Die dahinter stehende „Logik“: wenn Homöopathie nicht wirksam sein kann, aber dennoch wirkt (wie auch aus Reihen der Skeptizisten nicht grundsätzlich in Abrede gestellt wird!), dann kann es sich nur um einen Placebo-Effekt handeln. Wenn freilich das Ergebnis des australischen Berichtes, also der Ausgangsbefund gar nicht stimmt, dann muss auch die Schlussfolgerung revidiert werden.

Der Fall des „Australischen Berichtes“ lässt erahnen, dass im Bereich der Wissenschaft nicht immer korrekt gearbeitet und, wie das Beispiel Homöopathie zeigt, nicht selten mit zweierlei Maß gemessen wird: das NHMRC hat bei Homöopathie im Vergleich zu seiner sonstigen Praxis besonders strenge Regeln angewandt, diese „Sonderbehandlung“ aber nicht begründet.

Evidenzbasierung gilt als zentrale Forderung in der Wissenschaft und ist im Bereich der Medizin zu recht die Basis für Therapieleitlinien. In jüngerer Zeit gibt es immer wieder Zweifel daran, dass dieses Paradigma wirklich „sauber“ ist. Im anerkannten „British Medical Journal“ (BMJ) war jüngst von der „Illusion der evidenzbasierten Medizin“ die Rede. Und im „Journal of Clinical Epidemiology“ wird aktuell vorgerechnet, dass überhaupt nur 6 % aller Cochrane-Reviews solide belegte Hinweise auf Wirksamkeit der untersuchten Interventionen geben. Unter diesen Umständen wären also ziemlich viele, alltagsübliche medizinische Maßnahmen und Therapien auf den Prüfstand zu stellen: wie zielführend, relevant, verträglich, nebenwirkungsarm sind sie und wie lautet die korrekte Begründung für ihren Verbleib im Leistungskatalog der Krankenkassen?

Fakt ist, dass es für die Homöopathie inzwischen genügend plausible wissenschaftliche Hinweise für ihre grundsätzliche und spezifische Wirksamkeit gibt. Es ist und bleibt willkürlich, diese Fakten zu ignorieren. Die Grundlagenforschung zeigt, dass homöopathisch zubereitete Substanzen im Pflanzen- und Tiermodell signifikante und reproduzierbare Wirkungen zeigt. Die Versorgungsforschung gibt wiederholt Hinweise auf relevante Verbesserungen im klinischen Alltag bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen. Und nicht zuletzt zeigen auch Metaanalysen und Reviews statistisch signifikante positive Therapieeffekte, die über eine Placebowirkung hinausgehen.

Weitere Informationen, eine Auswahl:

Dass Erstattung von Homöopathie nicht nur ein Marketing-Trick der Krankenkassen zur Gewinnung junger, gutverdienender, nicht wirklich kranker Menschen, sondern eine wirksame und wirtschaftlich sinnvolle Therapie ist, hat jüngst die Securvita-Krankenkasse dargelegt: eine Auswertung der Daten von 15.700 Versicherten über mehr als drei Jahre zeigt, dass Homöopathie u.a. zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes, aber auch zur Reduktion von Krankenhausaufenthalten oder Krankentagen beiträgt, also zu einem positiven Effekt im Bereich wirtschaftlich relevanter Parameter.

„Solidargeld der Versicherten“ wird also nicht, wie von den Homöopathie-Gegnern permanent vorgetragen, für „nachweislich Unwirksames“ ausgegeben. Vielmehr ist Homöopathie eine weltweit und seit 200 Jahren bewährte Therapiemethode, die heute ihren wissenschaftlich und ökonomisch gut begründeten Platz in einer Integrativen Medizin der Zukunft hat und für mündige Menschen und Staatsbürger im Falle von Krankheit erhalten bleiben muss. Das erscheint auch in Anbetracht der resultierenden Krankenkassenkosten absolut vertretbar: diese liegen im Promillebereich! Vergessen wird leider in diesem Zusammenhang auch, dass homöopathie-affine Menschen ein durchaus überdurchschnittliches Gesundheitsbewusstsein haben und sehr oft ihre Selbstmedikation aus eigener Tasche zahlen, den Krankenkassen also sogar ganz konkret Kosten sparen.

Wenn man über einzusparendes Geld bei den Krankenkassen spricht, dann darf es nicht beim bloßen Hinweis auf die externe Evidenz aus Studien bleiben. Wichtig ist aus ökonomischer Sicht nämlich nicht nur, dass ein Medikament X bei einer Krankheit Y nachweislich wirken kann, sondern auch die Frage, wie häufig diese Wirkung im Praxisalltag bei konkreten Patient:innen tatsächlich auftritt, bzw. wie vielen Patient:innen mit der Diagnose Y das Medikament X verordnet werden muss, bis ein Patient tatsächlich davon profitiert. Diese „number needed to treat“ (NNT) ist ein beliebtes Maß für den – praktischen – Nutzen einer Behandlung. Eine Erhebung aus den USA, die in Nature veröffentlicht wurde, zeigt, dass z.B. bei Sodbrennen das Präparat Esomeprazol 24 Personen gegeben werden muss, bis einer tatsächlich davon profitiert. Ähnliches gilt auch für Cholesterinsenker, Asthmamittel oder Medikamente gegen Multiple Sklerose (bei einzelnen dieser „Blockbuster“ handelt es sich durchaus um teure Medikamente). Auch damit sollte die Einschätzung der Wirkung von Homöopathika und ihr geldwerter Vorteil verglichen werden.

Die Streichung der Homöopathie als Kassenleistung würde zu einer weiteren Spaltung innerhalb der Gesellschaft führen: einerseits diejenigen, die sich Homöopathie auch aus eigener Tasche leisten können, und andererseits diejenigen, denen das durch Streichung der Kassenleistung zukünftig verwehrt würde. In einer Zeit gesellschaftlicher Brüche brauchen wir aber nicht mehr, sondern weniger Spaltung!

Zusammenfassung

 Entgegen permanent vorgetragener Falsch-Aussagen ist Homöopathie

  • wissenschaftlich gut untersucht und über den Placeboeffekt hinaus wirksam. Anders lautende Aussagen sind falsch und werden auch durch permanente Wiederholung nicht richtiger.
  •  evidenzbasiert, sofern man nicht der willkürlichen Reduzierung der Definition (Sackett) von evidenzbasierter Medizin (EbM) allein auf externe Studienevidenz folgt, sondern auch die interne Evidenz (ärztliche Erfahrung) und die Wünsche der Patient:innen berücksichtigt.
  •  eine gesundheitsökonomisch relevante Ergänzung, teilweise Alternative zur konventionellen Medizin.

Die Forderung, Homöopathie mit Hinweis auf den Kostendruck im deutschen Gesundheitswesen als Kassenleistung zu streichen ist weder unter dem Aspekt ihrer theoretischen Begründung noch aus sachlichen und praxisrelevanten Gründen vertretbar. Im Gegenteil bietet Homöopathie eine Grundlage für längerfristige Einsparmöglichkeiten im Rahmen einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten modernen Medizin unter aktiver Beteiligung mündiger und selbstreflektierter Bürgerinnen und Bürger.

Der menschliche Organismus als hochkomplexes System lässt sich allein durch lineare Ursache-Wirkung-Korrelationen nicht vollständig und abschließend beschreiben. Die angeblich fehlende Plausibilität des Wirkprinzips der Homöopathie kann in einer auf wissenschaftlichen Fortschritt ausgerichteten Welt nicht ausschlaggebend sein in der Würdigung der Homöopathie. Solange Phänomene der Gravitation oder neuerdings auch der Quantenphysik (Stichwort: Quantenverschränkung – ein im Bereich der klassischen Physik „unmögliches“ Phänomen!) nicht endgültig und wissenschaftlich zufriedenstellend er- und geklärt sind ist auch weiterhin wissenschaftliche Offenheit und Neugier unumgänglich, wenn es um Homöopathie und ihr mutmaßliches Wirkprinzip geht. Eine Schlussfolgerung ähnlich dem „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“  entbehrt wissenschaftlicher Logik und medialer sowie politischer Sorgfalt.

Solange Grundlagenforschung placebofreie Effekte der Homöopathie und die Versorgungsforschung praxisrelevante und statistisch signifikante Wirkungen über den Placeboeffekt hinaus  dokumentiert, so lange sind Bestrebungen zur Elimination der Homöopathie kontraproduktiv und ausschließlich ideologisch begründet. Ideologie aber engt Sichtweisen immer ein und führt nicht zu einem mehr, sondern zu einem weniger an wohlverstandener und verantwortungsvoll in Anspruch genommener Freiheit.

Deshalb: Homöopathie muss aus den genannten Gründen und Hintergründen als Kassenleistung erhalten bleiben!