Eine „Studie“ der OTH Regensburg macht zurzeit die Runde durch Medien, um der Homöopathie eine Mitschuld an der schleppenden Impfkampagne zu geben. Um es vorweg zu nehmen: käme die Studie aus der Homöopathie, wäre sie längst in der Luft zerrissen worden, und zwar zurecht! Weil sie aber in den Mainstream des Homöopathie-bashing passt, wird sie munter genutzt. Daher: wer kritische Studienbetrachtung fordert, wird kritische Studienbetrachtung ernten.

  1. Es wird die Impfbereitschaft von Eltern tituliert, bei sorgfältiger Lektüre stellt man aber fest, dass in der mit n=2014 angegebenen Zahl der auf Stichprobenbasis telefonisch Befragten nur n=461 auf Eltern entfallen, also nur ca. ein Fünftel der insgesamt Befragten .
  2. Die Teilstichprobe der Eltern war wie bereits genannt n=461. Die Auswertung zur „Einstellung zur Homöopathie und Impfbereitschaft von Eltern“ (Tabelle 2) basiert aber nur auf n=375 Eltern. Damit wurden n=86 Eltern ohne Angabe von Gründen aus der Auswertung ausgeschlossen.
  3. Die Frage „Wenn ein Impfstoff gegen das Coronavirus in Deutschland zugelassen wird: Würden Sie sich impfen lassen?“ wird mit seinen 4 Antwortmöglichkeiten von „Sicher nicht“, „eher nein“, „eher ja“ , „Ja sicher“ dem Anspruch der Befragten und potentiellen Impflinge nach umfassender Aufklärung und Risikoabschätzung nicht gerecht. „Eher nicht“ unter der Kategorie Impfverweigerung zu subsumieren ist im Übrigen so lange nicht korrekt, solange Befragte noch gar keine konkreten Daten zur Verfügung haben, mit deren Hilfe sie sich eine sichere und vollständige eigene Meinung bilden könnten.
  4. Die zu beantwortenden Fragen bezüglich Zustimmung zum Impfen sind ausschließlich impfkritisch und haben teilweise verschwörungstheoretische Implikationen. Für ein ausgewogenes Gesamtbild wären womöglich Fragen erforderlich gewesen, die im Gegenzug tatsächlich oder gefühlt das Vertrauen in Pharmaunternehmen, Impfstoffe, Wirksamkeit oder Nebenwirkungen abgefragt hätten
  5. Die Autoren proklamieren einen „signifikanten Zusammenhang zwischen der Haltung zur Homöopathie und der eigenen Impfbereitschaft“. Dabei bleiben konkrete Zahlen oder Prozentangaben, die diese Aussage nachvollziehbar machen würden, im Dunkeln. Eine derartige Intransparenz ist in höchstem Maße unwissenschaftlich.
  6. Die Studie stellt fest, dass die Impfbereitschaft der Eltern mit dem Schulabschluss steigt und bei Befragten mit Hochschulabschluss signifikant höher ist. Die Autoren zitieren außerdem, dass „sich ein gewisses Vertrauen in nicht evidenzbasierte Methoden wie der Homöopathie besonders bei höher gebildeten Eltern zeigt“. Aufgrund der unzureichenden Methodenbeschreibung bleibt aber auch hier unklar, wie die Verteilung der Befragten mit bzw. ohne Hochschulabschluss in der Teilstichprobe „Eltern“ war. Es bleibt zu diskutieren, ob das Ergebnis zur „Einstellung zur Homöopathie und Impfbereitschaft von Eltern“ anders ausfallen würde, wenn ein höherer Anteil von Eltern mit hohem Bildungsabschluss in der Teilstichprobe „Eltern“ vorhanden wäre.
  7. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war noch kein Corona-Vakzin in der EU zugelassen. Da es somit noch keine Informationen über etwaige Nebenwirkungen von Corona-Vakzinen gab, wurde stellvertretend nach der Einschätzung der Häufigkeit ernster Nebenwirkungen bei Grippeimpfungen gefragt. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass für Eltern die potentiellen Nebenwirkungen besondere Bedeutung für ihre Impfentscheidung gegen das Coronavirus haben. Die Studie wurden also zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als Antworten überhaupt noch nicht möglich waren.
  8. Die Studie und ihre mediale Rezeption lassen außerdem komplett außer acht, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Antworten völlig anders ausgefallen sein könnten, weil inzwischen Erfahrungen mit den Impfstoffen vorliegen und die Entwicklung der Pandemie bis zur aktuell vierten Welle zum Umdenken geführt haben kann.
  9. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der häufig zitierte Zusammenhang zwischen der Impfbereitschaft von Eltern und ihrer Einstellung zur Homöopathie auf der Aussage von 375 Befragten beruht. Wie repräsentativ eine solche Umfrage sein kann muss jeder selbst entscheiden.

Zusammengefasst: Die Studie ist an vielen Stellen nicht transparent, die Beschreibung der Methodik bleibt vage, und Ergebnisse lassen sich nicht schlüssig nachvollziehen. Derzeit wird die Studie trotz ihrer offensichtlichen Mängel dazu benutzt, Stimmung gegen die Homöopathie zu machen, weil Homöopathie angeblich die Impfkampagne behindere und womöglich sogar an Corona-Toten schuld sei. Das Zitieren dieser Studie dient damit einzig und allein dazu, von zahlreichen Fehlern im öffentlichen Umfeld abzulenken und die Homöopathie zum Sündenbock zu machen.

Dr. med. Ulf Riker, 2. Vorsitzender des DZVhÄ

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