Die Allgemeine Homöopathische Zeitung (AHZ) ist die Mitgliederzeitschrift des DZVhÄ. In der vierten Ausgabe 2025 steht das Thema „Blütezeit der Homöopathie“ im Mittelpunkt. Lesen Sie das Editorial und die Vereinsmitteilung in voller Länge und stöbern Sie im Inhaltsverzeichnis. Mitglieder erhalten die komplette Print-Ausgabe automatisch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.

Editorial: Blütezeit der Homöopathie

von Bernhard Zauner

Letzte Blütezeit der Homöopathie

Blütezeiten gab es in der gut 200-jährigen Geschichte der Homöopathie immer wieder sowie auch die Entwicklung in die Gegenrichtung. Die letzte Blütezeit der Homöopathie lag in den beginnenden 1980er- und 1990er- bis in die frühen 2000er-Jahre. Damals erreichte die Homöopathie einen Höhepunkt an Popularität, insbesondere in vielen Ländern Europas und anhaltend z. B. in Indien.

Es gab mehrere Gründe, die dazu beitrugen: Viele Menschen suchten nach Heilmethoden als Ergänzung zur konventionellen Medizin. Zu dieser Zeit wurden verschiedene alternative Heilmethoden, Naturheilkunde und ganzheitliche Ansätze bis zur Esoterik populär. In Deutschland wurde 1976 die Homöopathie offiziell als besondere Therapierichtung in die Arzneimittelgesetzgebung aufgenommen, was ihren Status stärkte. Viele gesetzliche Krankenkassen begannen – wegen der gesetzlichen Lage – homöopathische Behandlungen zu erstatten.

Institutionalisierung und gesellschaftliche Akzeptanz

Die Homöopathie war salonfähig, zahlreiche Prominente, darunter Ärzte und Politiker (Karl und Veronica Carstens-Stiftung), unterstützten sie öffentlich. Es gab zahlreiche – und glücklicherweise gibt es manche davon noch immer – Lehrstühle und Forschungsprojekte zur Homöopathie an verschiedenen Universitäten, inklusive Lehrveranstaltungen für Student*innen, Aus- und Fortbildung, anerkannt von den Ärztekammern. Fachzeitschriften und Bücher zur Homöopathie erreichten eine große Leserschaft. Vor etwa 30 Jahren erlebte sie eine neue und die bisher letzte Renaissance in Europa.

In dieser Zeit kam auch das gegenwärtige Herausgeberteam der AHZ in Kontakt mit der Homöopathie. Für mich war es während des Medizinstudiums kein Widerspruch, mich mit beiden „Welten“ zu beschäftigen und mein Wissen zu vertiefen. Die Student*innen forderten damals Vorlesungen zur Homöopathie; in den Hörsälen der damaligen Fakultät für Medizin der Universität Wien (heute MUW), war es kein Problem, entsprechende Veranstaltungen zu organisieren. Ein paar Studentengenerationen später wird an dieser Universität ein Wahlfach zur Esoterik in der Medizin angeboten, in dem die Homöopathie naturgemäß nicht gut wegkommt; was zählt, ist Evidence-Based Medicine, geschuldet der materialistischen Weltanschauung des Transhumanismus.

Wandel des Zeitgeists und naturwissenschaftlicher Druck

Die Gründe für diese Veränderung sind im Wandel des Zeitgeistes zu suchen, der auch vor der Medizin nicht haltmacht. So war es bereits im 19. Jahrhundert: Johann Emanuel Veith, Homöopath, Arzt und Priester, war ein „Star“ seiner Zeit, er predigte im Wiener Stephansdom über die erfolgreiche homöopathische Cholera-Behandlung. Kurz danach kam es zum Niedergang der Homöopathie. Es waren die aufkommenden Erfolge in den Erkenntnissen der Bakteriologie – der Cholera-Erreger wurde entdeckt – und den anderen Naturwissenschaften, die begeisterten.

Heute wird gemessen und überwacht, biometrische Daten werden übertragen und gesammelt, zur scheinbaren Optimierung der Menschheit. Zusätzlich hat sich eine Cancel Culture entwickelt: Was nicht Fakt ist, ist Fake. Mit diesem Heft soll auf diese Zeit zurückgeblickt und diese Periode ein wenig dokumentiert werden. Dies soll nicht pessimistisch wirken, denn die Homöopathie ist bisher noch nie untergegangen.

Veith schrieb:
„Ein spanisches Sprichwort vergleicht die Wahrheit mit dem Öle, welches, noch so sehr im Wasser gerüttelt, immer wieder emporsteigt. Die homöopathische Heilmethode […] wird von Freund und Feind mächtig geschüttelt, gerüttelt und geläutert; sie wird nicht untergehen.“
(Quelle: Internationale Homöopathische Presse 1876, VII. und VIII. Band, S. 129–140)

Perspektiven und Beiträge in diesem Heft

Heiner Frei, dessen Polaritätsanalyse in den letzten Jahren die Entwicklungen in der Homöopathie prägte, ist in diesem Heft vertreten. Er beschreibt die Methode vom Beginn bis zu den aktuellen Entwicklungen.

Carl Rudolf Klinkenberg widmet sich in seinem Artikel der Entwicklung unserer „Werkzeuge“ in der täglichen Praxis, das sind die Repertorien und natürlich die Materia medica. Im ersten Teil seines Artikels beschäftigt sich der Autor mit der anfänglichen kritischen Sicht auf die Repertorien und mit den Versuchen, solche zu entwickeln, und zwar in der Frühzeit der Homöopathie.

Dario Spinedi schreibt über die Entwicklung der „Kent-Methode“ bis zum Einsatz in seiner Klinik im Tessin.