Die Allgemeine Homöopathische Zeitung (AHZ) ist die Mitgliederzeitschrift des DZVhÄ. In der dritten Ausgabe 2025 steht das Thema „Homöopathie international“ im Mittelpunkt. Lesen Sie das Editorial und die Vereinsmitteilung in voller Länge und stöbern Sie im Inhaltsverzeichnis. Mitglieder erhalten die komplette Print-Ausgabe automatisch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.
Editorial: Homöopathie international
von Christian Lucae
Zeiten des Umbruchs
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs: Klima- und Wirtschaftskrise, Kriege, Populismus, Inflation – und als ob dies noch nicht genug wäre: Getriggert durch die Wahl eines neuen amerikanischen Präsidenten sind noch weitere Unwägbarkeiten auf vielen politischen Schauplätzen entstanden. Durch das Abwenden der USA von Europa steht das Jahr 2025 ganz im Licht einer beispiellosen militärischen Aufrüstung.
Auch die Homöopathie ist von Umbrüchen nicht verschont geblieben. Die goldene Ära seit den 1990er-Jahren ist schon einige Zeit lang in Auflösung begriffen, der Nachwuchs bleibt aus, Ausbildungsmodule können aufgrund fehlender Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft nicht stattfinden, die Ärztekammern canceln die Zusatzbezeichnung, und natürlich kommt – zumindest in Europa – die demografische Entwicklung zum Tragen: Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte der Generation „Babyboomer“ geben aus Altersgründen ihre praktische Tätigkeit auf.
100 Jahre LMHI – ein internationales Netzwerk
Es gibt aber nicht nur Umbrüche, sondern auch bemerkenswerte Kontinuitäten: In diesem Jahr wird die Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis (LMHI) 100 Jahre alt. Am 10. September 1925 gegründet, hat sich durch diese Organisation ein Netzwerk homöopathischer Ärztinnen und Ärzte weltweit etabliert. 14 Mitglieder aus 9 Ländern waren bei ihrer Gründung in Rotterdam anwesend. Aktuell stammen die Mitglieder aus weit über 70 Ländern.
Der erste Präsident wurde Roy Upham (1879–1956) aus den USA; die aktuelle Präsidentin, Altunay Ağaoğlu, kommt aus der Türkei. Die LMHI war bis 2012 in Genf beheimatet, seit 2013 befindet sich ihr Sitz in Köthen.
Die Ziele der LMHI – oft auch nur „die Liga“ genannt – waren und sind bis heute die Entwicklung und Sicherung der Homöopathie weltweit, die Schaffung einer Verbindung zwischen approbierten Homöopathen und Homöopathinnen mit medizinischen, tierärztlichen, zahnmedizinischen oder pharmazeutischen Abschlüssen und Gesellschaften sowie an Homöopathie interessierten Personen (www.lmhi.org/Home/AboutUs).
Weltkongresse und aktuelle Beiträge
Für die meisten praktizierenden Ärztinnen und Ärzte wird die LMHI in den jährlich stattfindenden Kongressen wohl am besten sichtbar. Der erste Weltkongress wurde 1926 in Paris abgehalten, der aktuelle Kongress zum 100. Jubiläum fand vom 14.–17. Mai 2025 – wenige Tage vor Erscheinen der vorliegenden Ausgabe der AHZ – in Utrecht statt.
Die vielfältige Welt der Homöopathie spiegelt in gewisser Weise auch unser aktuelles Heft wider: Im zweiten Teil ihres Aufsatzes (der erste Teil ist in der AHZ 4/2024 nachzulesen) berichten Susann Buchheim-Schmidt und Ralf Schwarzbach über die Potenzierung und deren unterschiedliche Spielarten in den homöopathischen Arzneibüchern weltweit. Eine Geschichte der Kontinuität ist die enorme Verbreitung der Homöopathie in Indien: Dies wird im Interview mit Roya Varanasi aus Neu-Delhi deutlich, das Michael Teut im vergangenen Jahr geführt hat. Marion Baschin erläutert uns die digitalen Angebote des Instituts für Geschichte der Medizin, die die homöopathiegeschichtlichen Schätze des Instituts in ein neues Licht rücken, und lädt gleichzeitig zu einem Besuch vor Ort in Stuttgart ein. Michael Hadulla beschreibt in seinem Beitrag die homöopathische Mittelfindung bei Lumbago eines 75-jährigen Patienten als „Odyssee durch die Polychreste“.
Gemeinsam für die Zukunft der Homöopathie
Wie sollen wir in der Homöopathie auf die vielen Umbrüche reagieren? Die LMHI macht es vor: Die verschiedenen homöopathischen Gesellschaften sollten gemeinschaftlich agieren. Autorinnen und Autoren, die eine Verwässerung der Homöopathie Hahnemanns fürchten und die Aus- und Abgrenzung anderer Methoden – manchmal sogar fast im Sinne einer Cancel Culture – betreiben, sollten erkennen, dass uns dieses Denken langfristig nicht weiterhilft.
Vor bald 40 Jahren hielt Will Klunker einen Vortrag über die Grundlagen im Organon und schloss: „Dies faßt nochmals zusammen, was Hahnemann für immer unter Homöopathie verstand, die man heute allerdings genötigt ist, durch den Zusatz ‚genuin‘ eigens zu benennen, wenn man von ihr zu sprechen hat“ [ZKH 1998, 42: 181]. Ob „klassisch“, „genuin“ oder sonstige Vornamen – am Ende gibt es nur die eine Homöopathie. Statt die Unterschiede verschiedener Strömungen herauszustellen, sollten wir uns auf diese gemeinsamen Grundlagen besinnen, die die Homöopathie zusammenhalten. Es geht nur gemeinsam!