Physiker: Wirkung homöopathischer Potenzen geht über Placebo     

Berlin, 2. September 2022. PD Dr. sc. nat. Stephan Baumgartner, Universitäten Witten/Herdecke und Bern, stellt im Video des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) Ergebnisse seiner langjährigen Forschung dar. Der Wissenschaftler kommt nach rund 25 Jahren Grundlagenforschung zur Homöopathie zu dem Schluss, dass die Resultate der Experimente seiner Forschungsgruppe:

– nicht mit der Hypothese in Einklang zu bringen sind, dass es sich bei homöopathischen Präparaten um reine Placebos handelt. Mehr als Placebo.

– In ausgedehnten verblindeten und randomisierten Experimentreihen ergibt sich wiederholt deutliche empirische Evidenz für spezifische Wirkungen von auch hochverdünnten homöopathischen Potenzen. Etwa in einer Potenz D 30, in der kein Molekül des Ausgangsstoffs nachweisbar ist. Reproduzierbare Ergebnisse.

– In den kommenden Jahren wird die Erforschung des Wirkprinzips von homöopathischen Präparaten im Zentrum seiner Forschung stehen, um die Frage zu beantworten, wie die beobachteten Wirkungen der Homöopathie erklärt werden können. Wirkprinzip wird erforscht.

Für seinen Vortrag „Aktuelles aus der homöopathischen Grundlagenforschung“ erhielt der Physiker PD Dr. sc. nat. Stephan Baumgartner den Preis für den besten Vortrag auf dem Deutschen Ärztekongress für Homöopathie (25.-28.5.22, Münster) des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Der Vortrag wird in diesem Video gekürzt wieder gegeben. Stephan Baumgartner arbeitet an den Universitäten Witten/Herdecke und Bern.

Quellen

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21057725/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35327354/

 

2022-09-02T09:52:41+02:00

Artikel: Evidenzbasierte Human- und Veterinär-Homöopathie

Am 17. August 2022 erschien in der peer-reviewed Zeitschrift Animals der Artikel Evidence-Based Human Homeopathy and Veterinary Homeopathy. Autor:innen sind Petra Weiermayer, Michael Frass, Thomas Peinbauer, Liesbeth Ellinger, Edward De Beukeler. Sie kommen zu dem Schluss, dass es „für die individualisierte Homöopathie auch bei methodisch hochwertigen Studien Effekte auf allen Qualitätsstufen nach den Cochrane-Kriterien erkennbar“ seien.

Aus der Zusammenfassung

Diese drei Fakten sind die Basis für eine umfassende Darstellung der Evidenz zur Homöopathie:

  • Homöopathische Arzneimittel ohne Indikation sind hinsichtlich Herstellung, Qualität, Unbedenklichkeit und Anwendungsprinzipien zu 100% identisch, unabhängig davon, ob sie bei Tieren oder Menschen eingesetzt werden,
  • dass das Simile-Prinzip beachtet wird,
  • wenn der Wirksamkeitsnachweis der individualisierten Homöopathie in einer oder mehreren Indikationen vorliegt, scheint die logische Konsequenz zu sein, dass auch auf die Wirksamkeit in anderen Indikationen geschlossen werden kann.

Betrachtet man die Kriterien der evidenzbasierten Medizin für Design, Durchführung, Dokumentation und Bewertung von Studien in der Homöopathie, so sind insbesondere für die individualisierte Homöopathie auch bei methodisch hochwertigen Studien Effekte auf allen Qualitätsstufen nach den Cochrane-Kriterien erkennbar. In Anbetracht von One Health und den Forderungen des europäischen Green Deals (Farm2Fork-Strategie) und der EU-Öko-Verordnung 2018/848 erscheint die Anwendung der Homöopathie im Sinne einer integrativen Tiermedizin und die Integration der Komplementärmedizin einschließlich der Homöopathie an den Universitäten eine notwendige Konsequenz und eine Forderung im Interesse der Patienten.

Zum Artikel

Evidence-Based Human Homeopathy and Veterinary Homeopathy. Comment on Bergh et al. A Systematic Review of Complementary and Alternative Veterinary Medicine: “Miscellaneous Therapies”. Animals 2021, 11, 3356

 

2022-08-24T16:39:14+02:00

Herr Minister Lucha: das sind die Fakten!

Berlin, 23. August 2022. Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hat sich für Homöopathie und gegen eine vorläufige Entscheidung der Landesärztekammer Baden-Württemberg ausgesprochen, die Weiterbildung Homöopathie abzuschaffen. Das hat ihm viel Gegenwind eingebracht. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) begrüßt Luchas Stellungnahmen und liefert zur Unterstützung Fakten zur Homöopathie.

Die Neue Züricher Zeitung hat kürzlich darauf hingewiesen, dass sich in den letzten Jahrzehnten zwischen moderner und alternativer Medizin ein „aufgeschlossenes Verhältnis“ entwickelt habe. Das stimmt einerseits, aber jede Münze hat zwei Seiten.

Die eine: Es gibt zahlreiche hochqualifizierte Einrichtungen im Klinik- und Ambulanzbereich, die ernsthaft und konsequent auf wissenschaftlicher Basis komplementäre Therapiemethoden in ihre individuellen Behandlungskonzepte einbeziehen, beforschen und dabei pathogenetische und salutogenetische Aspekte gleichermaßen berücksichtigen. Dies entspricht nicht zuletzt dem Wunsch großer Teile der Bevölkerung und wird durch spezifische ärztliche Weiterbildung gewährleistet. Die Therapiesicherheit steht dabei ohne jede Frage im Zentrum jeder ärztlichen Bemühung

Die andere: Es gibt Stimmen, die alles ablehnen und teilweise mit missionarischem Sendungsbewusstsein bekämpfen, was sich nicht unmittelbar einem – inzwischen inflationär gebrauchten – Evidenzbegriff unterordnen lässt. Dabei wird die im Grunde wünschenswerte Evidenzbasierung oft genug sinnentstellend interpretiert, indem ausschließlich die externe Evidenz („Studien“) in den Fokus gerückt, die interne Evidenz („ärztliche Erfahrung“) sowie die Patientenwünsche ignoriert werden. Im Zentrum dieser selektiven Wahrnehmung steht seit Jahren die Homöopathie. Und deren Anwender werden wahlweise als „Flacherdler“, „Voodoo-Mediziner“, „Esoteriker“ oder ewig gestrige Wissenschaftsverächter denunziert.

Vor diesem Hintergrund bedarf es einiger grundsätzlicher Klarstellungen:

1. Homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte sind akademisch ausgebildet, vertreten, wo immer möglich, eine wissenschaftsbasierte Medizin, sind Teil einer Ärzteschaft, die den facharztübergreifenden Austausch sucht, vertreten ein kollegiales Miteinander im Interesse der Patientinnen und Patienten und haben – im Gegensatz zu ihren Kritikern – keine Berührungsängste gegenüber den Vertretern der konventionellen modernen Medizin.

2. Homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte akzeptieren Evidenzbasierte Medizin, sofern alle drei Säulen der Sackett‘schen Definition im Fokus bleiben. Dies bedeutet nicht Beliebigkeit in der Fokussierung auf die eine oder andere der drei Säulen. Es bedeutet vielmehr, bei jedem einzelnen Kranken abzuwägen, welche der Teilaspekte im Interesse von Sicherheit und Würde des/der individuellen Patient:in im Vordergrund zu stehen haben. Im Übrigen: Für viele, gerade ältere und unter Umständen multimorbide Patient:innen existieren keine evidenzbasierten Therapieleitlinien, sodass in diesen Fällen ohnehin und oft genug die Patientenpräferenz und ärztliche Erfahrung den Ausschlag geben muss.

3. Placebo-Effekte finden sich in allen Bereichen der Medizin und sollten aus Sicht der noch relativ jungen Placebo-Forschung auch explizit genutzt werden. Selbstverständlich treten auch in der Homöopathie solche Effekte auf, aber ausgebildete und erfahrene homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte können im Einzelfall an der mitunter überraschenden, teilweise auch zunächst widersprüchlichen oder sogar „falschen“ Patient:innen-Reaktion ausreichend sicher unterscheiden, ob es sich um eine reine Placebo-Reaktion handelt oder um eine Arzneimittelwirkung. Diese Beurteilung setzt freilich mehr als bloß theoretische oder auch ideologisch verkrampfte Auseinandersetzung mit Homöopathie voraus.

4. Die Grundlagenforschung zur Homöopathie hat in den letzten Jahren reproduzierbare Ergebnisse in Pflanzen- und Tiermodellen geliefert, die eindeutig jenseits mutmaßlicher Placebo-Reaktionen liegen und die prinzipielle Wirksamkeit auch höher potenzierter Wirkstoffzubereitungen belegen. Was also „eigentlich“ gar nicht sein kann, lässt sich im wissenschaftlichen Experiment nachweisen. Für manche Kritiker:innen der Homöopathie sind solche Ergebnisse störend und werden flugs als irrelevant relativiert. Wissenschaft wäre, verstehen zu wollen, wie das sein kann.

5. Die Versorgungsforschung hat wiederholt die alltagspraktische Relevanz des komplementären Einsatzes von Homöopathie gezeigt. Wenn sich unter homöopathischer Therapie z.B. Antibiotika nachweislich einsparen lassen, dann wäre es eine fatale Fehlentscheidung, dies vor dem Hintergrund bedrohlicher Resistenzentwicklungen allein aus prinzipiellen theoretischen Überlegungen nicht zu tun! Ähnliches gilt für Einsparung von Psychopharmaka und Schmerzmitteln, und sogar Krankentage und Liegezeiten in Kliniken lassen sich reduzieren. Solche Resultate gehören somit auch in jede gesundheitsökonomische Güterabwägung!

6. Der aktuelle Diskurs rund um Homöopathie lässt auf Seiten der Kritiker Augenmaß und intellektuelle Redlichkeit Auffällig dabei: Die Anti-Homöopathie-Protagonist:innen – wir können sie auch als Kampagnenführer:innen bezeichnen – haben fern eigener wissenschaftlicher Tätigkeit zum Thema nie irgendwelche eigenen konstruktiven Beiträge zur wissenschaftlichen Datenbasis beigetragen, und viele Medien haben deren meist destruktiven Argumentationsduktus zumeist ungefiltert übernommen. Die Folge: Argumente werden nur noch selten gehört, berücksichtigt oder abgewogen, sondern lediglich mantraartig wiederholt.

7. Ein Wort noch zu den Patientinnen und Patienten, die ja eigentlich im Mittelpunkt aller Überlegungen und damit am Anfang stehen sollten: Aufgeklärte Menschen können in Zeiten von Google und Co. sich jederzeit über Medikamente, Nebenwirkungen, Alternativen, Experten und eben auch über Homöopathie informieren. Und die Nachfrage nach und Zufriedenheit mit homöopathischen Arzneimittel ist hoch. Wenn Menschen sich also für Homöopathie – komplementär oder integrativ – entscheiden, dann tun sie dies zumeist aus Erfahrung, Überzeugung, Empfehlungen oder auch aus Frustration wegen ihrer Erfahrungen in der konventionellen Medizin.

Das spricht nicht gegen letztere, aber auch nicht gegen Homöopathie! Die vielbeschworene „Gefahr“, die für angeblich uninformierte Patientinnen und Patienten von der Homöopathie ausgeht, ist ein selbstgeschnitztes Scheinargument mit dem Ziel der Verunsicherung. In ärztlicher Hand ist Homöopathie eine sichere Ergänzung des therapeutischen Werkzeugkastens und somit Teil einer breit angelegten und wissenschaftlich begleiteten Integrativen Medizin.

2022-08-23T16:18:45+02:00

Kommentar: EVIDENZ und ERFAHRUNG – kein Widerspruch!

„Die Summe aus externer und interner Evidenz muss stimmen“

Dieser Satz stammt von …. Lauterbach? Falsch! Hirschhausen? Schön wär`s! Grams-Nobmann? Voll daneben! Sie brauchen noch ein bisschen mehr Information…? Sehr gerne, wie wär`s damit:

„Wenn in der Frage, die ein Patient aufwirft, keine randomisierte Studie durchgeführt wurde, ist nach der nächstbesten Evidenz zu suchen und diese zu nutzen“

 Sie ahnen schon was? Sie brauchen noch etwas Hilfe? Also:

„In dem Maße, wie der Grad der externen Evidenz abnimmt, muss die interne Evidenz (ärztliche Kunst, Kompetenz) zunehmen“

 Also bitte, jetzt sind Sie aber schon ganz nah dran! Sie meinen, der letzte Satz sei aus dem Zusammenhang gerissen? Bitte schön, so geht’s weiter im Text:

„Nur die Zunahme an interner Evidenz vermeidet in diesen Situationen eine unkontrollierbare Beliebigkeit in der Therapieentscheidung. Denn gerade in diesen Situationen kommt der Kompetenz  des Arztes, seinem Können und seiner Erfahrung die entscheidende Bedeutung zu.“

Und dann kommt der erste oben zitierte Satz, da capo. Eine runde Sache eigentlich! Und sie stammt von David Sackett, dem Begründer der Evidenzbasierten Medizin!

Es entspricht der medizinischen „Leitkultur“ unserer Tage, ausschließlich (natur-) wissenschaftlichen Studienergebnissen auf dem Altar des positivistischen Zeitgeistes zu huldigen. Wer zaghaft oder auch selbstbewusst darauf hinweist, dass es daneben auch noch eine, in der Praxis gewachsene Erfahrung gibt, der oder die wird sehr rasch als Ketzer denunziert und auf dem Scheiterhaufen der reinen medizinischen Lehre verbrannt. Zumindest, wenn es um Homöopathie geht: da gibt es einen Shitstorm, wenn man sich auf Erfahrung beruft, z.B. so (auf Twitter, und das ist die absolut harmlose Variante): Erfahrung? Ich kann es nicht mehr hören. Evidenz bedeutet Wissenschaft, der Rest kann weg… und so weiter.

Sehr geehrte Ordinarien medizinischer Fakultäten, liebe Chef- und Oberärzte, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der primärärztlichen Basisversorgung: kommen Sie alle ohne Ihre Erfahrungen aus jahre- und jahrzehntelanger Praxistätigkeit aus? Folgen Sie nur noch vorgegebenen Therapie-Algorithmen? Machen Sie sich und wir uns nicht als Menschen Schritt für Schritt überflüssig? Was machen wir in unklaren Entscheidungssituationen, bei multimorbiden Patienten, bei unerwartetem Nichtansprechen unserer Therapieentscheidungen, bei nicht tolerierbaren Wechsel- oder Nebenwirkungen unserer evidenzbasierten Standart-Therapien? Oder bei Menschen am Ende ihres Lebens, wenn manche Therapieoptionen ausgeschlossen, kontraindiziert oder von den Betroffenen schlicht  nicht (mehr) gewünscht werden?

Wie oft gelingt es uns denn, einen durch biomathematische Verfahren definierten „Normalpatienten“ mit einem individuellen Kranken zu vergleichen und ihm zu 100 Prozent gerecht zu werden? Ist es bewiesen, dass eine individuelle und erfahrungsgestützte Therapie im Einzelfall weniger zielführend ist als eine streng an Kriterien der Evidenzbasierung orientierte Behandlung? Die evidenzbasierte Medizin ist eine wesentliche Errungenschaft im Kampf gegen Beliebigkeit in der Therapie. Aber, wie schon Sackett hervorhob, ist EbM eben nicht nur der alternativlose Verweis auf wissenschaftliche Studienergebnisse, sondern beinhaltet  ein „Sowohl, als auch“, also das neben- und miteinander von Wissenschaft und Erfahrung. Wie Sackett es eben so treffend formuliert hat: Die Summe aus Beidem muss stimmen.

Die Homöopathie wegen – angeblichen! – Mangels an wissenschaftlichen Studienergebnissen aus Köpfen, Herzen und Weiterbildungsordnungen zu streichen ist nicht rational, sondern weltanschaulich begründet. Indem man die vorhandenen Ergebnisse aus Grundlagen- und Versorgungsforschung negiert, wird im aktuellen Diskurs auch gleich der Wert von ärztlicher Erfahrung über Bord gekippt. Von den positiven Erfahrungen zahlloser Patientinnen und Patienten ganz zu schweigen! Es wird der Einfachheit halber unterstellt, dass auch die Erfahrung der Menschen bedeutungslos wären, weil die Wissenschaft es allemal besser weiß, was einem kranken Menschen gut zu tun hat und was nicht. Diese Sicht hat, mit Verlaub, etwas selbstgerecht Autoritäres an sich, und die Zensur alternativer Behandlungsoptionen wie der Homöopathie ist, wie jede Zensur auch ein potenzieller Schritt in die Unfreiheit. Dagegen sollten sich all jene wehren, denen ihre persönlichen, aber auch die politischen Freiheiten wichtig und wertvoll sind, die uns unsere freiheitliche Demokratie bietet!

Dr. med. Ulf Riker, 2. DZVhÄ-Vorsitzender

2022-07-25T17:32:10+02:00
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