„Wichtig ist die Offenheit der Apotheker für Homöopathie“

Interview mit Apotheker Hans Wilhem aus Dachau.

„Und man muss sich ja auch Folgendes überlegen: viele allopathische Arzneimittel sind extrem teuer bei manchmal bescheidener Wirkung. Bei der Homöopathie ist es meistens genau umgekehrt.“

Herr Wilhelm, erzählen Sie uns bitte, wie Sie als Apotheker zur Homöopathie gekommen sind

Ich war schon früh auf der Suche nach ergänzenden Therapieverfahren, die auf natürliche Weise helfen könnten, Krankheiten aus eigener Kraft zu überwinden. Aber erst eine persönliche schwere Lebenskrise, die ich vollständig und nachhaltig mit Hilfe homöopathischer Arzneien überwinden konnte, hat mich neugierig gemacht. Das war der Zeitpunkt, ab dem ich mich intensiv mit Homöopathie beschäftigt habe.

Nach welchen Kriterien beraten Sie in Ihrer Apotheke die Kund*innen, die homöopathische Arzneien kaufen wollen?

Meine Erfahrung ist: Menschen wollen selbst aktiv werden, wenn sie krank sind. Sie übernehmen damit auch Verantwortung für ihre eigene Gesundheit. Damit das erfolgreich gelingt braucht es die Beratungskompetenz auch der Apotheker*innen. In der Apotheke dürfen wir ja nicht selbst therapieren, aber wir können sehr wohl unsere Kund*innen dadurch unterstützen, dass wir mit ihnen eine partnerschaftliche Beziehung aufbauen und z.B. fragen: wie sind Sie denn auf diese Arznei gekommen, die Sie kaufen wollen?  Sobald ein Gespräch stattfindet, ergibt sich auch die Möglichkeit für eine „Mini-Anamnese“: da frage ich z.B. nach der möglichen Ursache ihrer aktuellen Krankheit und nach Modalitäten der Symptome. Oft bestätigt sich die Arzneiwahl der Kund*innen, immer wieder aber kann ich im Gespräch auch eine andere Arznei vorschlagen, die vielleicht besser passt. Da ist im Grunde kein Unterschied, ob sich meine Beratung auf Phytotherapie, Nahrungsergänzungsmittel, allopathische Medikamente oder eben die Homöopathie bezieht.s

Wie schätzen Sie die Kompetenz Ihrer Kund*innen in Bezug auf die homöopathische Selbstbehandlung ein? Und wie können Sie diese Kompetenz im Apotheken-Alltag fördern?

Viele Menschen sind ja heutzutage regelmäßig bei „Google“ unterwegs, suchen nach Erklärungen für ihr Kranksein und auch nach Möglichkeiten, was man denn tun könnte. Dieses Vorgehen ist in Laienhand natürlich oft recht unsicher. Aber es gibt natürlich auch sehr viele Menschen, die sich mit der Homöopathie bereits intensiver auseinandergesetzt haben. Ich will es mal so sagen: wenn ich auf Augenhöhe mit den Kund*innen neugierig bin, also auch persönliches Interesse zeige, dann kann das gemeinsame Hinterfragen auch zu neuen Erkenntnissen hinsichtlich einer homöopathischen Arzneiwahl führen und manchmal auch Horizonte öffnen und weiten.

Wie sind Ihre Erfahrungen im Kontakt mit homöopathisch tätigen Ärzt*innen sowie entsprechend qualifizierten Heilpraktiker*innen?

Wichtig ist die Offenheit der Apotheker*innen für Homöopathie. Damit diene ich auch dem Verhältnis zwischen Patient*innen und ihren ärztlichen oder nichtärztlichen Therapeut*innen. Menschen, die sich für Homöopathie entschieden haben, suchen auch die Kompetenz einer geeigneten Apotheke, und sie suchen die ergänzende Beratung, damit sie sich rundum sicher und aufgehoben fühlen. Selbstverständlich bin ich auch bereit, seltene homöopathische Arzneien zu besorgen, wenn sie von kompetenten Homöopathen verordnet wurden. Dabei lerne auch ich selber immer wieder Neues hinzu

Können Sie den Anteil homöopathischer Arzneien am Gesamtumsatz Ihrer Apotheke orientierend quantifizieren?

Wir müssen in unseren Apotheken ja ein sehr breites Spektrum an Produkten vorhalten: das reicht von der großen Zahl allopathischer Medikamente über Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine bis hin zu homöopathischen Arzneien. Innerhalb dieser breiten Palette spielt Homöopathie wirtschaftlich eine absolut untergeordnete Rolle. Die Beratungsintensität ist relativ hoch, wenn ich diesen Bereich ernst nehme, der ökonomische Effekt beim Verkauf homöopathischer Arzneien hingegen gering. Was aber meist übersehen wird: meine Offenheit und meine Beratungskompetenz führen zu einer Bindung der Kund*innen, und das wirkt sich – längerfristig – sehr wohl positiv aus. Man muss diesen Aspekt also im Gesamtzusammenhang sehen. Apotheken, die neben allopathischen Medikamenten ausschließlich Mainstream-Angebote im Sortiment haben sind auf dem Markt austauschbar.

Was sagen Sie den Kritikern, die Ihnen unterstellen, Sie würden nur Zucker zu überhöhten Preisen verkaufen?

Ich verstehe die Beweggründe für derartige Aussagen nicht! Homöopathie ist unter erfahrener Anwendung und Begleitung nicht gefährlich, sondern sicher. Es gibt viele Studien, die eine Wirksamkeit der Homöopathie belegen. Und man muss sich ja auch Folgendes überlegen: viele allopathische Arzneimittel sind extrem teuer bei manchmal bescheidener Wirkung. Bei der Homöopathie ist es meistens genau umgekehrt. Außerdem: die Entscheidung für Homöopathie ist eine private, Patienten haben das Recht, sich so zu entscheiden. Der Hinweis auf den teuren Zucker ist Polemik und dient nur der medialen Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Wilhelm für Ihre klaren Antworten!

Die Fragen stellte Dr. med. Ulf Riker, 2. Vorsitzender des DZVhÄ

Foto: Hans Wilhelm, Apotheker